03:2015 KFZ (PDF)




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NUMMER 3/2015

KFZ-AKTUELL
ZEITSCHRIFT FÜR DAS HAMBURGER KFZ-GEWERBE

Neu.

Katalog Werkzeug/Werkstattausrüstung 2015.
Übersichtlich auf 908 Seiten. Farbig.
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(JM-Nr. 998 16 14). Kostenlos.
Alle Artikel auch Online: www.matthies.de <<klick>> UNI.
Joh. J. Matthies GmbH & Co. KG, 20097 Hamburg, Tel. (0 40) 2 37 21-289

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Messetermine
für große und kleine

WM Fans

4.– 6.Sept.2015

Flughafen Münster/ Osnabrück

26.– 27.Sept.2015

Messegelände am Funkturm in Berlin

10.– 11.Okt.2015
Messe München

WM SE · www.wm-werkstattmessen.de

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LIEBE LESERINNEN UND LESER,
der sorgenvolle Blick auf die Fachkräftesituation, der befürchtete Mangel an qualifi-

Inhalt

zierten Mitarbeitern ist in vielen Branchen
eingetreten oder steht unmittelbar vor der
Tür und dass bei Jugendlichen aktiv um
Nachwuchs geworben werden muss, ist eine
Binsenweisheit.
Weniger im Fokus der Aufmerksamkeit steht dagegen die Frage, wie Fachkräfte gehalten
werden können. Hier knicken Betriebe mit Blick auf die Industrie schnell ein. Vielerorts glaubt

Titel
04 Chapeau, Herr Nehberg!
08 Personalführung
10 Zusatzleistungen statt Gehaltsplus
11 Das Berufsleben meistern

Steuertipp
12 Und wieder einmal: Pkw-Kosten

man, den Wettbewerb um Fachkräfte insbesondere finanziell nicht bestehen zu können. Das


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haben Survival-Aktionen und Expeditionen, sei es aus Wissensdurst, Freude am Abenteuer, an

Innung
TransTech 15 ein voller Erfolg
Was ist der Oldie wert?
Wahl des Gesellenausschusses

Betriebsführung
17 Belege richtig organisieren
18 Kfz-Rente, die Rente für die Branche
19 Durchlebt die Kfz-Branche einen Paradigmenwechsel?
20 Entsorgung – Jetzt Geldbeutel und Nerven schonen

Werkstatt
21 Warnung des KBA
22 Scheinwerfer-Prüfung – die Zeit läuft

mag einerseits so richtig sein. Andererseits zeigen viele seriöse Umfragen und Untersuchungen:
Bei der Beurteilung des eigenen Arbeitsplatzes und der eigenen beruflichen Situation werden
Verdienstmöglichkeiten erst an sechster Stelle und später genannt. Davor rangieren Fragen der
Anerkennung, der Teilhabe, der Selbstverwirklichung und andere „weiche“ Faktoren.
Auf interessante Gedanken zu diesen Fragestellungen weist schon unser Titelbild hin: Was
der Herausforderung oder auch aus purer Not mit Fragen der Führung zu tun?
Spätestens seit Personalfachleute die erfolglose Antarktis-Expedition des britischen Polarforschers Ernest Shackleton von 1914 analysierten, stehen diese sogenannten weichen Faktoren
in Hinblick auf Führungseigenschaften im Mittelpunkt des Interesses. Welcher Führungsqualitäten bedurfte es, nach dem Totalverlust ihres Schiffes, der „Endurance“, die gesamte 27
Mann starke Besatzung in einem fast zweijährigen mörderischen Kampf gegen Hunger, Kälte
und Packeis dennoch gesund an Körper, Geist und Seele zurück nach England zu bringen?
Welche Führungsprinzipien führten zum Erfolg und in welchem Umfang können diese in
den betrieblichen Alltag transferiert werden? Diesen Fragen wollen wir in diesem Heft und in
Zukunft verstärkt nachgehen.


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Recht
Urteil zu Kfz-Verkaufsbedingungen
Neben einer Reihe von Denkanstößen zu Thema „Führung“ haben wir zum Auftakt Rüdiger
Altgesellenregelung setzt legale Handwerkstätigkeit voraus
Nehberg für ein Interview gewinnen können. Der bekannte Hamburger ist nicht nur SurviPreisunterbietung durch Tiefpreis-Garantie
val-Fachmann, der seine spektakulären Expeditionen zunächst aus Abenteuerlust begann und
VNTG
später immer mehr mit gesellschaftlichen Anliegen verband, Rüdiger Nehberg ist auch Hand25 Betriebsübergang
werker. Als Konditormeister war er jahrelang mit einem großen Betrieb selbstständig. Hier
Ausbildung
26 Aktuelle Termine
27 Start Up 2015 findet am 27. August statt
28 Qualität in der Gesellenprüfung im Fokus
30 Warum Prüfer werden?
31 Ausbilder handwerklicher Berufsbildungszentren in Hamburg
32 Kfz-Gewerbe zählt zu den ausbildungsstärksten Branchen
Vermischtes
33 Hamburgs neuer Handwerkerhof
34 Kfz-Shop
34 Impressum

berichtet er von seinem Werdegang, seiner Sicht auf das Handwerk und seinen Führungsideen,
die es jahrzehntelang erlaubten, weltweite Expeditionen, gesellschaftliches Engagement und
die Führung eines erfolgreichen Unternehmens miteinander zu vereinbaren.
Es wird sich zeigen, dass gut geführte mittelständische Familienunternehmen ihre qualifizierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter durchaus im Betrieb halten können. Auch den
Wettbewerb um Fachkräfte können wir aufnehmen und bestehen, möglicherweise nicht im
Lohnwettbewerb, aber sehr wohl durch das gesamte betriebliche Umfeld. Davon sind wir vor
allem deshalb überzeugt, weil vieles, was im Personalbereich als neueste Erkenntnis daherkommt, in vielen Betrieben intuitiv und traditionell längst praktiziert wird und erfolgreich ist.
Darauf muss sich jedes Unternehmen besinnen und mit diesen Eigenschaften aktiv werben.
Wir wünschen Ihnen Freude beim Lesen und grüßen Sie herzlich
Ihr
Redaktionsteam

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peau,
err Nehberg!
WIE EIN HA MBURGER HANDWERKSMEIS T ER
AUSZOG UND DIE WELT VER ÄNDER T E
Er ist unter vielen Namen bekannt geworden: Sir Vival, Überlebenstarzan, Rudi Kamikaze und – Entschuldigung – Würmerfresser. Welchem Projekt er sich seit 15 Jahren über
den TARGET e.V. widmet und wie sein Selbstverständnis als Handwerker war, erzählte er
unserer Redaktion bei einem in Auszügen wiedergegebenen Interview.

Foto: TARGET-Nehberg

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KFZ-AKTUELL:
Beginnen wir zunächst einmal ganz vorne. Sie sind scheinbar alterslos tatsächlich
aber bereits im Jahr 1935 geboren worden!
Mit fast 80 Jahren toben Sie mit Stefan
Raab durch den Sumpf, fangen Wildschweine mit der Hand und klönen im Late-Night-Talk mit Ina Müller im Schellf ischposten. Sie haben sich unglaublich
fit gehalten.

Ihre berufliche Herausforderung haben
Sie zunächst ganz bodenständig im Handwerk gesucht.
Ich habe zwei Lehren abgeschlossen, eine
als Bäcker und eine als Konditor. Die
Meisterprüfung habe ich dann im Konditorenhandwerk abgelegt. Ich plante früh,
mich selbstständig zu machen.
Gereist sind Sie auch während Ihrer Lehrund Gesellenzeit, oder?
Mit meinem Fahrrad bin ich nach Marokko gefahren, um dort Schlangenbeschwörung zu erlernen. Ich hatte vor, damit
schneller das Kapital für meine eigene
Konditorei zu verdienen. Meine Eltern
dachten, ich sei in Paris. Ich hatte Postkarten vorbereitet, welche ein Freund dann
abschickte. Allerdings ging mein Plan
nicht auf, die Nummer mit den Schlangen
erschien den Hamburger Veranstaltern zu
gefährlich.
Eine eigene Konditorei hatten Sie dann
trotzdem und zwar in Hamburg für die
Dauer von 25 Jahren.
Hamburg ist eine tolle Stadt, hier bin ich
als junger Mann sofort „hängen“ geblieben! Beeindruckt hat mich allein schon
das umfangreiche Bildungsangebot in der
Volkshochschule, wo ich viele Kurse belegt habe. In meiner Konditorei hatte ich
dann etwa fünfzig Mitarbeiter in drei Geschäftslokalen beschäftigt.
Wie haben Sie die Konditorei trotz Ihrer
oft monatelangen Reisen erfolgreich führen
können? Sie haben in diesen Jahren mehrfach den Blauen Nil befahren, sind während
des Krieges Äthiopien/Eritrea durch die
Danakilwüste gewandert und marschierten als Training auf die illegale Einreise in
das brasilianische Goldgräbergebiet 1.000
Kilometer durch Deutschland, wobei Sie
allein aus und in der Natur lebten.

Foto: Nehberg

Rüdiger Nehberg:
Das scheint vielleicht so. Tatsächlich
merke ich aber sehr deutlich, dass meine Kraft bereits abgenommen hat. Ich
könnte heute keines meiner Abenteuer
mehr wiederholen.

Von Wellen umspült auf „The Tree“.

Gute Mitarbeiter! Während meiner Gesellenzeit habe ich bei meinen verschiedenen
Arbeitgebern genügend abschreckende
Beispiele von schlechter Mitarbeiterführung erlebt. Da wusste ich schon einmal,
wie ich es selber nicht machen würde.

gegessen hatte – was die Weltgesundheitsorganisation inzwischen als empfehlenswert propagiert. Ich habe dann große
Schaufenster an der Backstube einbauen
lassen, um die guten hygienischen Bedingungen zu demonstrieren.

Und was haben Sie anders gemacht?

Waren Sie Mitglied in der Innung?

Ich habe meine Mitarbeiter mit Respekt
behandelt, übertariflich bezahlt und die
Führungskräfte am Gewinn beteiligt.
Außerdem habe ich regelmäßig betriebsinterne Besprechungen mit allen Mitarbeitern abgehalten, wo diese immer Ideen
beisteuern konnten und sollten. Auch bei
den Kunden habe ich nie per Anzeige geworben. Ich habe sie lieber bei Umfragen
beteiligt oder konkrete Aktionen durchgeführt. Beispielsweise habe ich in einer
gemeinsamen Aktion mit der Zahnärztekammer Zahnbürsten verteilt und erklärt,
dass nicht der Zucker die Zähne schädige,
sondern die mangelhafte Zahnhygiene.
Motto: „Ein sauberer Zahn wird nicht
krank!“ Ein anderes Mal habe ich Gorbatschow in Lebensgröße aus Marzipan
modelliert und ihm noch vor dem norwegischen Kommitee den Nobelpreis umgehängt.

Ja, ich denke, man braucht als Unternehmer einen solchen Verband. Ich habe
mich auch eine Zeit als Lehrlingswart ehrenamtlich engagiert.

Welche Auswirkungen hatte Ihre aufkommende Prominenz damals?
Die Kunden fingen an, uns auf die Reisen anzusprechen und meine Bücher in
der Konditorei nachzufragen. Allerdings
habe ich die beiden Welten Konditorei
und Abenteuer bestmöglich getrennt.
Meine Mitarbeiter haben nie für die Reisen gearbeitet, ich habe diese allein über
die Vermarktung der Publikationen finanziert. Außerdem gab es Gerede, als
bekannt wurde, dass ich notfalls Insekten

Kann man Parallelen ziehen zwischen der
Planung Ihrer Reisen und der selbstständigen Handwerkstätigkeit?
Vielleicht ist die Herangehensweise an die
verschiedenen Vorhaben schon ähnlich.
Ich habe immer zunächst eine Gefahrenanalyse gemacht. Im Berufsleben bin
ich beispielsweise immer mit einem kleinen Geschenk zu der Neueröffnung eines
Konkurrenten gegangen, um mir einen
persönlichen Eindruck zu verschaffen.
Nach der Analyse kam dann das Training, richtig?
Genau! Und zwar zielgerichtet. Für die
Atlantiküberquerungen habe ich mich
beispielsweise von den Kampfschwimmern und den Marinefliegern der Bundeswehr trainieren lassen. Beinahe ebenso
wichtig war es aber immer auch, auf guten
Rat zu hören. Danach braucht man noch
die richtige Strategie und eine gute psychische und physische Ausdauer.
Sie sind oft mit bis zu zwei Partnern verreist. Wonach haben Sie diese ausgesucht?
Anfangs habe ich in Zeitungsannoncen

Meinen Sie, dass die Aussicht auf eine
Geldprämie nachhaltig motivieren kann?
Nein, bei meinen Reisen war das weder für
mich, noch für meine Partner wesentlich.
Da zählte die Einmaligkeit der Erlebnisse.
Auch beruflich wollte ich nicht immer
weiter expandieren. Irgendwann habe
ich dann ja auch alles verkauft und mein
„Sauerteiggedächtnis“ gelöscht, um mich
ganz dem Abenteuer mit Sinn zu widmen
– dem Kampf für Menschenrechte.
Ihr Projekt für die Yanomami-Indianer in
Brasilien ist ja sehr erfolgreich gewesen.
Aber es hat 18 Jahre gedauert. In dieser
Zeit habe ich selbst sehr viel gelernt. Ich
wusste danach, dass auch ein kleiner Bäcker mit der richtigen Strategie und einem
gewissen Durchhaltevermögen viel in der
Welt bewegen kann. Die brasilianische
Regierung hat den Yanomami aufgrund
des öffentlichen Drucks schließlich einen
akzeptablen Frieden gegeben.

Danach ist es aber nicht etwa ruhig um
Sie geworden. Sie haben gemeinsam mit
Ihrer Frau und einigen weiteren Mitstreitern den Verein „TARGET“ (https://
www.target-nehberg.de) gegründet. Über
TARGET setzen Sie sich hauptsächlich
im Kampf gegen das Verbrechen der Genitalverstümmelung von Mädchen und
jungen Frauen ein.
Ich habe mir früher nicht vorstellen können, als Einzelmensch etwas gegen einen
5.000 Jahre alten Brauch ausrichten zu
können. Das war nach den positiven Erfahrungen mit den Yanomami nun anders. Und ich wollte gegen dieses Grauen
vorgehen.
Sie haben auch bei dieser Arbeit unter
einem hohen persönlichen Einsatz bereits
sehr große Erfolge erzielt. Islamische Gelehrte haben Sie nicht nur als „Herz auf
zwei Beinen“ bezeichnet, sondern auch
für den Friedensnobelpreis vorgeschlagen.
Danke für das Interview und weiterhin
viel Erfolg!
Welche Erfolge Annette und Rüdiger
Nehberg bei ihrer Arbeit für den TARGET e.V. erreicht haben, lesen Sie im nebenstehenden Artikel.

Ein starkes Team: Rüdiger Nehberg und Annette Nehberg-Weber

Foto: TARGET-Nehberg

nach Reisepartnern suchen müssen. Ich
habe diese dann auf Können und Zuverlässigkeit getestet und vor dem Antritt der
Reise die gegenseitigen Rechte und Pflichten vertraglich abgesichert.

Nehberg mit Afar-Mädchen und Dromedar.

Nehberg für TARGET
Der TARGET e. V. ist Rüdiger Nehbergs
Menschenrechtsorganisation, über die er Projekte zur Entwicklungshilfe in Brasilien und
Afrika leistet und durch konkrete Einzelaktionen über die Verletzung von Menschenrechten aufklärt. Insbesondere setzt er sich
gegen das Verbrechen der Genitalverstümmelung an Mädchen und jungen Frauen ein.
Annette Nehberg-Weber gelang es, das Verbrechen an den Mädchen zu dokumentieren.
Die Erinnerungen an dieses Grauen sind der
Motor, der die Nehbergs antreibt. Aber über
diese Dokumentation war es möglich, den
geistlichen Führern des Islam das medizinische
Ausmaß der Verstümmelung aufzuzeigen. Auf
einer von TARGET abgehaltenen Konferenz
im geistigen Zentrums des sunnitischen Islam,
der Azhar in Kairo, haben die höchsten Gelehrten ihre lebenslang vertretene Meinung
geändert und dies öffentlich in einer sogenannten „Fatwa“ bekannt gegeben. TARGET
hilft nun in Allianz mit Würdenträgern und
Geistlichen des Islam dabei, diese historische
Botschaft über das sogenannte GOLDENE
BUCH, über Vorträge und weitere Aktionen
in der Welt zu verbreiten. Hier in Hamburg
unterstützt der Arzt und Vorsitzende der Hamburger Schura, Mustafa Yoldas, die Arbeit von
TARGET.
Ein noch unerreichtes Ziel von Nehberg ist es,
gemeinsam mit dem König von Saudi-Arabien, zwischen den Minaretten an der Heiligen Kaaba in Mekka ein Transparent mit der
Fatwa von Al-Azhar aufzuhängen und jedem
Pilger in seiner Sprache die Information zu
erteilen, dass weibliche Genitalverstümmelung
eine Sünde ist.
Weitere Informationen unter:
http://www.target-nehberg.de
SPENDENKONTO
Kontoinhaber:
TARGET e.V. Ruediger Nehberg
Geldinstitut: Sparkasse Holstein
BIC /SWIFT: NOLADE21HOL
IBAN: DE 16 2135 2240 0000 050 500

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Foto: Marco2811/Fotolia.com

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Personalführung
WA S MI TARBEI T ER WIRK LICH MOT IVIER T
Für Ökonomen ist es eine Selbstverständlichkeit: Geld motiviert. Die üblichen ökonomischen Modelle gehen davon aus,
dass nur derjenige engagiert und mit
vollem Einsatz arbeitet, der sich davon
eine optimale Vergütung verspricht. In
der Sprache der politischen Propaganda
heißt das dann: Leistung muss sich lohnen. Das ist nicht radikal falsch, aber es
ist eine Verengung der vielen Quellen der
Motivation von arbeitenden Menschen.
Wenn man die Menschen fragt, was sie
antreibt, dann kommt heraus, dass nicht
Geld die wichtigste Rolle spielt, sondern Faktoren, die man nicht in Euro
und nicht in anderen Größen bemessen
kann. Das Gehalt findet sich erst auf dem
dritten Platz der Motivatoren, wie eine
repräsentative Studie der Beratungsgesellschaft Hay Group feststellt. 18.000
Menschen haben sich daran in Deutschland beteiligt.
Ein „kollegiales Umfeld“ und ein „erfüllender Job“ motiviert die meisten

Menschen mehr als ein „angemessenes
Gehalt“. An vierter und fünfter Stelle
folgen eine „gute Führungskraft“ und
„genügend
Entscheidungsfreiräume“.
Ein „schlechtes Arbeitsklima“, eine
„Aufgabe, die keinen Spaß macht“, und
eine „schlechte Führungskraft, die mich
nicht fördert und mich nicht fair behandelt“, sind dementsprechend die wichtigsten Kündigungsgründe.
Erst an vierter Stelle kommt ein „zu
niedriges Gehalt“. Managementberater und Buchautor Reinhard Sprenger
(„Mythos Motivation“) dürfte sich bestätigt fühlen. Er rät Arbeitgebern von Geld
als Lockstoff ab: „Wer für Geld kommt,
geht auch für Geld.“
Aus Sicht der Controller und Finanzvorstände ist das eine gute Nachricht. Unternehmen müssen also nicht zwingend
mehr Geld bieten, um ihre Mitarbeiter
zu mehr Leistung zu motivieren. Zufriedenheit ist ihnen lieber. Aber was können
Arbeitgeber tun, um die herzustellen?

Komplimente spornen genauso an wie Geld
Eine altbewährte und zudem besonders
preiswerte Art seine Mitarbeiter zu motivieren, ist Lob: Ein gut formuliertes,
persönliches Kompliment, ein handgeschriebener Zettel, ein kurzer Anruf,
vielleicht in der richtigen Situation sogar
ein Schulterklopfen.
Norihiro Sadato vom National Institute for Physiological Sciences glaubt,
dass Komplimente mindestens ebenso
anspornen wie Geld. In seinem Experiment sollten 48 Probanden ihre Fingerfertigkeiten auf einer Tastatur perfektionieren und dazu neue Techniken üben.
Anschließend wurden sie in drei Gruppen unterteilt: In der ersten wurde jeder
Teilnehmer für seine jeweiligen Lernerfolge individuell mit einem Kompliment
bedacht. In der zweiten Gruppe sahen
die Probanden zu, wie einem anderen
Teilnehmer ein Kompliment gemacht
wurde. Die dritte Gruppe wiederum sah
sich die Gruppen-Lernerfolge nur als
Grafik an.

In einem Experiment hat das der Verhaltensökonom Dan Ariely bestätigt:
Seine Probanden sollten Lego-Männchen zusammenbauen. Die eine Gruppe
tat das für abnehmende Belohnungen
– erst gibt es 2 Dollar für eins, dann
nur noch 1,89, und immer weniger. Die
zweite Gruppe baute ihre Männchen für
ansteigende Belohnungen zusammen.
Allerdings wurden ihre Männchen sofort vor ihren Augen zerstört. Die erste
Gruppe war deutlich produktiver, die
zweite hörte bald auf – trotz steigender
Belohnungen.
Die einzig wirkliche Quelle der Motivation
Aber so gut man auch lobt, die einzige
wirkliche Quelle der Motivation stecke
nur in jedem selbst, sagen viele Psychologen. Man kann Menschen nicht zu etwas motivieren, wozu sie aus sich selbst
heraus keine Lust mehr haben, schreibt
auch Managementberater Sprenger.
Er rät daher von jedem Versuch ab, die
Befindlichkeit seiner Mitarbeiter zu
beeinf lussen. Sein Argument: Das sei
eigentlich nur eine Form von Manipulation und Beleg für eine Misstrauenskultur, in der die Vorgesetzten glaubten,
dass sie ihre faulen Untergebenen ständig antreiben müssten.

Foto: Trueffelpix/Fotolia.com

Als die Probanden das Gelernte zeigen
sollten, schnitt die erste Gruppe der
individuell Gelobten mit Abstand am
besten ab. Sadato erkennt darin eine
stimulierende Wirkung von Lob auf
spätere Leistung. Er ist nicht der erste
Psychologe, der solche Beobachtungen
machte. Albert Bandura, einer der berühmtesten Vertreter seiner Zunft, hat
beobachtet, dass gelobte Menschen sich
höhere Ziele stecken und sich diesen
stärker verpf lichtet fühlen, als ungelobte.

Nachhaltige Motivation kommt von innen!

sern; ein schlechter macht sie 50 Prozent
schlechter.
Die grundsätzliche Leidenschaft und
Leistungsbereitschaft muss stets vom
Mitarbeiter selbst kommen. Im Fachjargon heißt das „intrinsische Motivation“.
Sie ist nach Ansicht von Psychologen
umso höher, je mehr die persönlichen
Stärken und Vorlieben mit den beruflichen Aufgaben übereinstimmen. Angestellte, die häufig über die Firma oder
ihre Aufgaben klagen, verdrängen damit also womöglich nur, dass sie einst
den falschen Beruf oder den falschen
Arbeitgeber gewählt haben.

Und umgekehrt: Wer mit der Einstellung arbeitet, ständig von seinem Chef
motiviert werden zu wollen, gibt letztlich zu, dass er wie ein Windhund zum
Laufen eine Hasenattrappe vor der Nase
braucht. Echtes Engagement lasse sich
nun mal nicht kaufen, sagt Sprenger.
Weder durch Geld, noch durch andere
Währungen.

Imaginäre Fußfesseln bremsen
Vorgesetzten sollte also immer daran
gelegen sein, optimale Bedingungen für
jeden ihrer Mitarbeiter zu schaffen. Das
sind immer Bedingungen, in denen sich
dessen intrinsische Motivation entfalten
kann. Das heißt, eine vertrauensvolle
und fordernde Führung ist gefragt, aber
vor allem: passende Aufgaben und Freiräume. In imaginären Fußfesseln arbeitet niemand engagiert.

Wirklich motivieren können Führungskräfte demnach nicht, aber sie können
demotivieren. Das zu verhindern ist
daher nach Sprengers Ansicht entscheidend. Fußballtrainer-Legende Giovanni
Trapattoni brachte es auf eine einfache
Formel: Ein guter Trainer kann eine
Mannschaft um zehn Prozent verbes-

Entscheidungsspielräume sind für die
Motivation zentral, wie die Global
Workforce-Studien der Beratungsgesellschaft Towers Watson immer wieder belegen. Deren Quintessenz lautet:
Chefs sollten ihre Mitarbeiter machen
lassen, statt allzu viel zu kontrollieren.
Sie sollten fordern statt verführen.

Je größer die Freiheit der Beschäftigten
und je höher der damit verbundene Anspruch an die Mitarbeiter, desto besser
werden die Stimmung im Büro und die
Arbeitsergebnisse sein. Psychologen
nennen dies Pygmalion- oder Rosenthal-Effekt: Die positiven Erwartungen
eines Lehrers oder Vorgesetzten haben
einen positiven Einf luss auf die Leistungen des Schülers oder Mitarbeiters.
Das Schlimmste was ein Chef tun kann,
um die Motivation und vor allem die
Loyalität eines Mitarbeiters zu zerstören, ist ihm zu signalisieren: Sei froh,
dass Du hier arbeiten darfst. Wer glaubt,
dass der Erhalt des Arbeitsplatzes allein
schon ein Leistungsanreiz sei, der kündigt seinem Mitarbeiter den „psychologischen Arbeitsvertrag“, den dieser nur
so lange für gültig betrachtet, wie er sich
nicht als Gnadenbrotempfänger behandelt sieht.
Solch ein Mitarbeiter identifiziert sich
nicht mehr mit seiner Firma und kündigt bei erstbester Gelegenheit auch den
tatsächlichen Arbeitsvertrag. Wenn ein
Chef es schafft, dass keiner seiner Mitarbeiter innerlich kündigt, hat er wahrscheinlich schon ziemlich viel erreicht.

Quelle: Knauß, Ferdinand
Handelsblatt online vom 05.12.2012






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