Interview Teil II. Salafismus .pdf

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Interview: Christian

SALA
FISMUS
Zweiter Teil der Interviewreihe. Ab hier wurde das Interview von Herrn Tilman Weinig
beantwortet. Er ist vom Stuttgarter Team Insideout und für diesen Themenbereich als direkter
Ansprechpartner in enger Zusammenarbeit mit meiner Stelle.
Tilman Weinig / Projektleitung INSIDE OUT / Mobil: +49 (0)170 331 96 83 / www.insideoutnow.de

Wie kann man den Begriff „Salafismus“ am
besten erklären?
Man kann ihn etymologisch erklären: von
salaf – Altvorderer. Salafisten beziehen sich in
ihrer Glaubensauslegung auf die vier ersten
Generationen nach Mohammed. Man kann sie
ultrakonservativ nennen. Salafisten sind allerdings eine sehr heterogene Gruppe. Die allerwenigsten unter ihnen sind gewaltaffin. Man
spricht von puristischen Salafisten, die eine
konservative Glaubenspraxis als Richtschnur
für das private Leben nehmen, von politischen
Salafisten, die in ihrer Richtung Mission
betreiben und eben den Teil derer, die Gewalt
gegen Andersgläubige als legitim ansehen.
Unter diesen Gruppen sind die Übergänge oft
fließend bzw. changieren die Anhänger unter
den Gruppen.
Die Salafistenszene in Deutschland wirkt
relativ neu. Ist dies richtig? Wo sind die
Ursprünge und wann begann die Verbreitung
der Ideologie?
Ultrakonservative islamische Strömungen
kamen Anfang der 1990er Jahre nach Europa
(auch weil sie in den arabischen Herkunftsländern nicht geduldet waren) besonders nach
Frankreich uns England. In Deutschland
machten sich Ende der 1990er Jahre Salafisten
bemerkbar. Wichtige Figur ist dabei Hassan
Dabbagh. Zentren waren zu Beginn Leipzig
und Bonn. Schon bald nutzen sie Verbreitungsstategien im Internet: salaf.de al-tamhid.net.
sind aus dieser Zeit (vgl. Wiedl in Said/Fouad:
Salafimus 2014) Seit Seit 9/11 tritt die Bewegung ins Bewusstsein einer breiteren Öffentlichkeit und bestimmt dieses leider weitgehend
insofern Salsfismus pars pro toto für „den
Islam“ steht.

Der Salafismus scheint eine besondere Anziehungskraft auf viele Jugendliche zu haben.
Worin sehen Sie diesen Erfolg begründet?
Welche Rolle spielen Werbestrategien wie LIES!
oder der „Pop-Salafist“ Pierre Vogel?
Der Salafismus bietet Sicherheit, in Gruppen die Gleichberechtigung leben. Er bietet
Rollenvorbilder. Er bietet Geborgenheit.
Überall da, wo Jugendliche sozial „auf der
Strecke“ bleiben, bieten der Salafismus und
seine Ideologie Angebote und Erklärungen.
Sub- und Popkulturelle Merkmale, die aus der
Jugend- und Bewegungsforschung bekannt
sind, gerieren sich in einer neuen, radikal-religiösen Form. Die Mechanismen sind aber
konventionell. Ingroup love - outgroup hate,
das Gefühl zu einer Avantgarde zu gehören,
die einen revolutionären Anspruch hat, Flucht
vor den Auseinandersetzungen mit der realen,
als feindlich wahrgenommenen Umwelt.
Diese Elemente kann auch Pierre Vogel (nicht
mehr der „letzte Schrei“ in der schnelllebigen
Szene) authentisch vermitteln. Hinter den Lies
Ständen stehen salafistische Zirkel. Sie sind
nicht nur öffentliches Skandalon, sondern auch
Einstieg in die Szene. Etwa 75 % der Syrienausreisenden waren an diesen Ständen aktiv.

Jugendliche, die vom Salafismus angezogen
werden, erzählen Freunden und Bekannten
von der neuen „Erleuchtung“. Welche theologischen Argumentationshilfen gibt es, um derKoran-Auslegung der Salafisten entgegenzutreten?
Theologische? Hart gesagt: keine. Denn die
Salafistische Ideologie ist in sich geschlossen
und kohärent. Das Diktum: Der Salafismus
hat nichts mit dem Koran zu tun ist schlicht
falsch. Es ist eine –literalistische, legalistische
und antidemokratische Auslegung. Daher ist
es müßig eine andere Koranauslegung daneben
zu stellen. Wichtig ist es allerdings, über die
Konsequenzen von menschenverachtenden
Einstellungen zu sprechen. Es ist immer ratsam
im Dialog mit Salafisten Fragen zu stellen und
nicht theologisch zu argumentieren. Dem Salafismus kann man nicht religiös begegnen, er ist
nur sozial zu antizipieren.
Wie gefährlich kann Salafismus sein?
Welche Beispiele kennen Sie aus Baden-Württemberg?
In letzter Konsequenz können salafistische
Radikalisierungsverläufe in Kriegsgebieten mit
dem Tod enden. Aus BW sind ca. 45 Menschen
in solche Gebiete ausgereist. Prominentestes
Beispiel ist sicherlich Sarah O. aus Konstanz.
Für den Außenstehenden ist dieser Fall deshalb
frappierend, weil sie eine weibliche Konvertitin ohne Migrationshintergrund ist. Sie ist
wieder in Deutschland. Insgesamt scheint der
Ausreisehype etwas abzuebben. Die Zahlen
stagnieren.

Woran merke ich, dass eine Person aus
meinem Umfeld schon zu tief im „SalafismusSumpf“ steckt?
Diese Person wird sich aus seinen gewohnten Lebensbezügen vermehrt zurückziehen,
sich nicht unbedingt anders kleiden, wohl aber
anders sprechen. Bestimmte Dinge sind u.U.
verboten, libertären Lebensmodellen wird mit
Verachtung begegnet. Besonders, wenn Personen persönlichkeitskonstituierende Hobbies,
Beziehungen und Ansichten aufgeben, ist
Vorsicht geboten.
Ist der Weg aus der Salafisten-Gruppe vor
Ort nach Syrien teilweise wirklich so kurz, wie
es in manchen Presseartikeln zu lesen war?
Wenn man nach Syrien will, dann schafft
man das auch. Es ist einiges an Strategie
notwendig. Leider werden die Ausreisewilligen
gut beraten. In die Türkei zu fliegen ist kein
Problem. In der Türkei gibt es dann Kontaktpersonen, die nach Syrien weiter schleusen.
Wohin können sich Betroffene wenden?
Wie läuft ein Beratungsprozess ab?
Angehörige von Personen mit manifesten
dhihadistsichen Ideologien wenden sich an die
Clearingstelle Radikalisierung beim BAMF
in Nürnberg. Diese leitet dann an Partner im
Bundesgebiet weiter. Wenn Verdachtsmomente oder Aufklärungsbedarf zu muslimischen
Lebenswelten besteht, gern an INSIDE OUT
oder die Landeszentrale für Politische Bildung.
Eine Landesweite Koordinationsstelle besteht
seit dem 1. November bei der Jugendstiftung
BW.
Da kein Radikalisierungsverlauf dem anderen gleicht, läuft ein Beratungsprozess immer
anders ab. Zunächst wird mit einer Bezugsperson ermittelt, welche Schrauben zu drehen
sind. Braucht ein Jugendlicher das Gespräch
mit einem Imam?, mit einer verlorenen Bezugsperson?, muss er nur in seiner neuen Lebensweise bestätigt werden – muss also eher sein
Umfeld „klar kommen“ damit, dass die Person
sich bspw. quietistisch salafistisch orientiert
hat? Oft muss der familiäre Zusammenhalt
gestärkt werden. Der Hinweis, das Kind einfach in den Arm zu nehmen und ihm zu sagen,
dass man es lieb hat, ist das Beste.


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