Smoluchowski, M. (1911) Über die Wechselwirkung von Kugeln, die sich in einer zähen Flüssigkeit bewegen (PDF)




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0 oddzialywaniu wzajemnem kul, poruszajqcych sif! w cieczy lepkiej. - Über die Wechselwirkung von Kuqeln, die
sich in einer zähen Flüssi'gkeit bewegen.
Memoire

de M. MARYAN SMOLUCHOWSK/ m. c.,
presente dans Ja seance du 9 Janvier 1911.

Die nachfolgende Untersuchung bezweckt die Beantwortung der
Frage, in wieweit die Bewegung einer in einem zähen Medium befindlichen Kugel durch die Anwesenheit (oder Bewegung) einer oder
mehrerer anderer Kugeln modifiziert wird. Die Resultate, welche
sich diesbezüglich ergeben haben, sind, abgesehen von ihrem rein
theoretischen Interesse für die Hydrodynamik, auch durch ihre
Anwendung auf die Bewegung von Nebelteilchen von Wichtigkeit,
indem sie die Gültigkeit des St ok e s'schen Gesetzes erheblich einschränken, und mögen vielleicht unter anderem auch zur Aufklärung der Divergenzen beitragen. welche bei den darauf gestützten,
von verschiedenen Beobachtern vorgenommenen Bestimmungen der
Elektronenladung auftreten.
I. Strömung bei Gegenwart zweier Kugeln.

Um die Wechselwirkung zweier Kugeln zu studieren, kann man
eine Annäherungsmethode anwenden, welche auf sukzessiver Superponierung partikulärer Lösungen beruht, analog den Spiegelungsmethoden, welche zur Lösung verschiedener Probleme der mathematischen Physik --- wie elektrostatische Wechselwirkung zwejer
Kugeln (Mur p h y )~ Bewegung zweier l{ugeln in einer idealen Flüssigkeit (La m b, Hydrodynamics S. 122), Modifizierung eines Bewegungszustandes einer zähen Flüssigkeit durch eine unendliche Wand
(H. A. Lorentz und die voranstehende Arbeit von J. Stock)verwendet werden.

Über die Wechselwirkung von Kugeln

29

Nehmen wir an, daß sich in einer zähen Flüssigkeit, welche im
Unendlichen ruht„ eine ruhende Kugel (vom Radius b) und in der
Entfernung R eine mit der Geschwindigkeit u == - 1 längs der X'
Achse fortschreitende Kugel (vom Radius a) befinden. Dann gehen
wir von den bekannten St ok e s'schen Gleichungen für den stationären Strömungszustand in der Nähe einer bewegten Kugel aus,
deren Mittelpunkt sich gerade momentan im Koordinaten-Anfangspunkt befinden möge 1):
u

a

== -- l -; - !-

a

2

8

i

rs -

ax' (
---;:B 1 -

a

r2

(1) ...
V==

_.Q_

4

2
)

at)

ax'y' ( 1 - - u. s. w.
r3
r2

Für die Oberfläche der um den Punkt x, y, z mit dem Radius
b gelegten Kugel würden dann hieraus gewisse Strömungsgeschwindigkeiten resultieren, welehe durch Entwicklung von (1) nach Potenzen der Grüßen
~
in

== X

1
--

s== z' - z

I
17-Y
-y,

X;

der angenäherten Forn1 erhalten werden:
2
f U1 -__ .Q.4 R!!__ _ .a4 ax
+ .a4 ax;
( - 1+ 3x2)
RB
R3
R2

+
(1 + ;)x
+ azs
(1+3x
+ ayn

R2
R3
Rt
axy + ayg ( - 1+ 3x +
RB
R3
R2
( - l + 3y + 11 axyzs
+ ax17
R3
R2
R5
2

2

.Q_

Q

)

4

)

4

2

_

.Q.
4

.Q.
4

2
)

3

(2) ...

4

_

.Q.
4

4

axz

R3

+4

9

_

P1

1)

)

-Po

_

3

2

µax

RB

+

axyz17

R5

2

.Q.
4

az; ( - 1 1 3x )
Rs
-,- R2

+

Q
4

axs ( -

R3

1+ 3zRS

[l _ +R2 +zs)l3(xg

Y'll

+
2
J'

.a µag
2

RS

Dies setzt allerdings das Bestehen eines quasi-stationären Zustandes voraus,
was eine im Vergleich zur Dichte große Zähigkeit erfordert. Doch werden wir
die Schlußfolgerungen nur auf wirklich stationäre Bewegungen anwenden.

30

M. Smoluchowski:

Dabei sind die Radien als klein im Verhältnis zur Entfernung der
Kugeln (mit R bezeichnet) vorausgesetzt~ daher sind hier wie auch
in den folgenden Rechnungen nur noch Ausdrücke von der Ordnung (aj R)2, ab/R 2, (b/ R) 2 im Verhältnis zur Einheit berücksichtigt
worden.
Soll aber die Kugel b ein ruhender starrer Körper sein~ so müssen die Geschwindigkeiten an deren Oberfläche Null sein, und dies
erreichen wir durch Superposition eines solchen Strömungszustandes u 2 , v2 , w 2 ~ welcher 1) den hydrodynamischen Zähigkeitsgleichungen entspricht~ 2) im Unendlichen die Geschwindigkeit Null,
3) in der Kugeloberfläche die Geschwindigkeiten - u1 , - v 1 , -w 1
besitzt.
Diesen Strömungszustand u 2 , v2 , w2 (welchen wir „den an der
K~ugel b reflektierten Bewegungszustand" nennen wollen) finden wir
aus der von La m b (Hydrodynamics S. 550) angegebenen allgemeinen Lösung der hydrodynamischen Gleichungen für zähe Flüssigkeiten:

3
( )... u

Vr
= µ~
1

r~

dPn

2(2n + 1) dx + (n

nr2n+3
d ( Pn )
1)(2n+ 1)(2n+ 3).?X r 2;;+ 1 +

+
+ d<p.
+z
dX

dx. -y d~·]
~

dY

u. s. w.,

·

wenn wir die darin enthaltenen Kugelfnnktionen Pm (/Jn, Xn aus jenen Bedingungen 2) und 3) bestimmen.
So erhalten wir durch Einsetzen der Kugelfunktionen cp_2, cp_ 3 ,
p_2, p_3, X- 2 in (3) und Vergleichung n1it (2) nach ziemlich umstäncllicher Rechnung:
(Siehe Seite 31).

s,

worin ;, 17,
r die Koordinaten und die Entfernung des gegebenen
Punktes in bezug auf den Mittelpunkt der Kugel b bedeuten. Ein
analoger Ausdruck folgt für w2 durch Vertauschung von y, 17 mit
z, sNun erfüllt der Strömungszustand u
u2 , v
v2 , w
w 2 zwar
die Bedingung des Haftens an der Kugel b, aber dafür bleiben
jetzt in der Oberfläche von a gewisse Geschwindigkeiten von u 2 ,
v2 , w 2 übrig - allerdings von kleinerer Größenordnung - welche

+

+

+

~:
0--

+ ----- (xs + Y17 + zs) +
RBr
- 15 x'~ g2 + + z2.f_~ (1 -- r~-~)J + 9 ab~~
(1 + R,2x2) (1 -- rb2) +
r2
JfrH + -s-3a_?~.'.1:~ [1 -- ~?-~
2)
abx~
(
b
xs (.
( b 2)
+ RBr3 r;y + zs) 1 - --- - ~- - ab3
Jl5r5 ry;17 + xzs~ + ·yz17s) 1 - ---~
== ~'\- ab~y (s + ~~-~) + ~~-3ß~ (i ___ ~-?-~·r2)- ~ ab5xyz~ _
HBt·
RSr3
ab~~1J [ _ 3(x2 + ll~2] + .g. ~b~~11 [ 4 __nx2 + 7y~]-+- ~!)~1] (l + x2) (l _ ~-~) +
s RB 2
RB
R-2
r
abx17
b 2)
abBx ; 217 (
+ y'l) ( b 2)
+-h fi3 1~3 (yr; + zS) ( l - ;.--2 + 8 ---"]{s-;.·5·-- 1 -- 2.c2
~2~- 1 - ~~ 2 +
2
x2 + 2y 2) (. 1--·-b )ab x17
(1 -b-2)
+ s abBx17
1-----;--·-----(xys17+yz17s+xzss)
Rß r5
R2
r2
4 R5r5
r2 '

u2 == ·'"3ab
-- (l
l6Rr

+ -.
2

x )
H2

(

ß

+ r--- -b '2)
2

ab'd ( 1
3

8
4 - .- .

y2172
R2r2

/{~rB

5

_JL ------- (

11>

(4).



v
2

3b2 x2)
R 2r 2

r2

t

4

:!

~

16

--. ------ (

r~

3

r2

iu

4

Jt2r2

4

R5r5

_9-

_ _!._Q.

R,2

16 j{r'd

o

45

45

3

---.---

(

45

3

}(2

2

~

~

~
~.

~

~
...... _,
~

~
~
~

~

~

~.

*
~

~
~

c

~

~

~
~

~

w
~

32

l\L Smoluchowski:

durch Reihenentwicklung
erhalten:
wir

_

U3 -

(5) ...

9

von (4) in

ab+

16 R2

27

16
27

16

W3

der

Näherungsform

abx 2

R4

abxy

R4

===

Diese müssen somit abermals dureh Superposition eines Bewegungszustandes u 4 , v4 , w4 neutralisiert werden 7 welcher im Unendlichen verschwindet und an der Obert1äche r == a die vVerte (5) mit
negativem Vorzeichen besitzt; man könnte jhn den an b und a
reflektierten Strömungszustand" nennen.
Dies verursacht nun keinerlei Schwierigkeiten, da ja die Größen
(5) Konstanten sind, also unmittelbar die Anwendung der Stok e s'schen Gleichungen gestatten. Die u 4 , v4 , w 4 werden sich somit
aus je drei analog (1) gebauten und mit den Konstanten u 8 , v3 , w 3
multiplizierten Gliedern zusammern;etzen:



deren explicite Ausrechnung jedoch für das Weitere nicht nötig ist.
Die Summe u
u2
u4 etc. stellt somit den resultierenden Bewegungszustand in der Nähe von a vor, während in Entfernungen
von der Größenordnung R bereits die Glieder u
u 2 genügen, da.
u 4 daselbst nur mehr die Grüßenordnung aB/RB besitzt, welche wir
vernachlässigen. "Tollte man in der Entwicklung (2) auch noch
höhere Glieder berücksichtigen~ so müßte man natürlich eine entsprechend größere Anzahl von n vielfachen Reflexinnen" in Rechnung ziehen.

+ +

+

II. Druckkräfte zwischen zwei Kugeln.

Nun handelt es sich um die Bestimmung der resultie-renden
Druckkräfte und Momente, welche die Kugeln a und b seitens der
Flüssigkeit erfahren. Hiezu berechnen wir einzeln die Bestandteile,
welche von den übereinander superponierten Bewegungszuständen

Ober die Wechselwirkung von Kugeln

33

stammen, und das ergibt bei Benützung der bekannten Formel
(La m b, Hydrodynamics S. 552)
(7)...

Prx ==

xp + µ (~~-u)
+ rµ ! (ux+vy+wz),
CJr
r

-

r

cJX

daß die Geschwindigkeiten u1' v 1 , w 1 auf die Kugel b nur Druckkräfte von der Ordnung aba/R 3 ausüben, welche im Verhältnis zu
den übrigen Größen zu vernachlässigen sind.
Auf die ruhende Kugel b wirken somit nur die aus dem Bewegungszustand u 2 , v2 , w2 abgeleiteten Kräfte, welche am einfachsten mittp,ls der durch Substitution von (3) in (7) leicht abzuleitenden Formel

berechnet werden, nämlich:
X=== -

1l
2

___

.H.

-

2

Z --

-2

(9) ...

Y

ab'lf:!!_

R

[1 + x2]
r2

abnµxy
RB
abnµxz

9 _ __

R3 ·

Dieselben Ausdrücke würden sich auch aus der St ok e s'schen
Widerstandsformel ergeben, wenn man für den Ort der Kugel b ein
gleichförmiges Strömungsfeld (mit der aus (1) für den Mittelpunkt
der Kugel b folgenden Geschwindigkeit) annähme.
Die infolge der Anwesenheit der ruhenden Kugel b auf a rückwirkenden Reaktionskräfte folgen dagegen einfach aus dem St ok e s'schen Widerstandsgesetz in Verbindung mit (f> ); somit erfährt
die sich bewegende Kugel a die Kräfte:

+ flf ~ (1 + ~2 )]
2

X= 6anµ [ 1

(10) „ .

Y ==

81

a 2 bnµxy

81

---

s

8
Bulletin III. A. Janvier.

R4
a 2 bnµxz

R4

3

~1.

34

Smol uchowski:

das ist einen vergrößerten vViderstand in der Bewegungsrichtung
und außerdem noch transversale Kräfte.
\Vürde umgekehrt die Kugel a ruhen, dagegen b die Gesch windigkeit u === - 1 besitzen, so würden auf a Kräfte wirken~ die mit
(9) identisch sind Bewegen sich nun beide Kugeln mit derselben
Geschwindigkeit u === - 1~ so erhält man die auf a wirkenden
Kräfte durch Superposition der von ruhendem b in bezug auf bewegtes a und von bewegtem b in bezug auf ruhendes a ausgeübten
Drücke, nämlich:

(11)' ..

Die auf b wirkenden Kräfte betragen in analoger Weise:

(12) ...

Hieraus ist folgendes ersichtlich:
1) Bewegen sich zwei Kugeln parallel zueinander mit gleicher
Geschwindigkeit c, so ist der Widerstand einer jeden derselben in
erster Annäherung um die Grüße
9

2

abnµc

R

vermindert, also ist die Fallgeschwindigkeit bei gegebener Größe
der Kugeln im Vergleich zu1n St ok e H'schen Gesetze vergrößert.
2) Außerdem wirkt läng~ der Verbindungslinie der Kugeln, und
zwar in der Riehtung von der rückwärtigen zur vorans<~hreitenden.
hin eine J~raft, welche in erster Annäherung durch
9

abnµcx

2fi2-

gegeben ist, also für beide Kugeln gleich gerichtet und gleich groß ist.
Interessant ist hierin der auffallende Widerspruch mit dem Satze
von \Virkung und Gegen wirkungi der aber insofern selbstverständ-

Über die Wechselwirkung von Kugeln

35

lieh ist, als zwischen den Kugeln keine inneren Kräfte wirken,
sondern die Flü~sigkeit mitberücksichtigt werden muß.
3) Überdies ergibt die Rechnung auf Grund von (7) und (8),
daß die Kugeln von Drehungsmomenten beansprucht werden. Dieselben betragen z. B. für die Kugel b:

M ~

4a RBbaµcn [1 + s ß2x2_] Vy 2+ z 2
2

und suchen eine Rotation um eine zur X-Achse und zur Verbindungslinie senkrechte Achse in dem Sinne hervorzubringen, als ob
sich der Bewegungswiderstand vor allem an der Außenseite des aus
den zwei Kugeln bestehenden 8ystems fühlbar machen würde 1).

III. System von n Kugeln.
Mittels der oben dargelegten Methode kann auch die Bewegung
eines Systems von n Kugeln untersucht werdt.n. Bewegen sich z. B.
sämtliche Kugeln parallel mit gleicher Geschwindigkeit, so kann
man dies auffassen als Superposition von n solchen Bewegungszuständen, in welchen sich je eine der n Kugeln bewegt und alle
übrigen in Ruhe sind.
Beschränkt man sich auf Glieder derselben Größenordnung wie
vorhin, so ist in jedem dieser Bewegungszustände nicht nur der direkte, nach (9) zu berechnende Einfluß der bewegten Kugel auf
die betrachtete Kugel zu berücksichtigen, sondern auch die einmaligen Reflexionen" desselben an den ttbrigen ruhenden Kugeln.
Der Widerstand der Kugel 1 in der Bewegungsrichtung wird
daher gegeben sein durch:



(13) ...

Es sei ausdrücklich bemerkt, duß man ans diesen Resultaten nicht anf den
Einfluß einer unendlichen ebenen Wand schließen darf (siehe die voranstehende
Arbeit von J. Stock), indem man a und R unendlich macht, da dann die Entwicklung (2) nicht statthaft ist.
1)

n*

36

1\1. Smoluchowski:

worin die mit dem Index k ver~ehenen Zeichen die Koordinaten
der k-ten Kugel in bezug auf die Kugel 1, die mit dem Index km
v-ersehenen Zeichen die relativen Koordinaten der m-ten in bezug
auf die k-te Kugel bedeuten.
Handelt es sich nun um eine aus sehr vielen gleichmäßig verteilten Kugeltröpfchen gleicher Gr~>ße gebildete Nebelwolke, so kann
das erste Korrektionsglied der St ok e s'schen Formel durch Bildung eines über das Volum der Wolke zu erstreckenden Mittelwertes ersetzt werden:

f

j

an

r 2 sin cp (1

+ cos2 cp) dcp de
.

jrs sin cp dcp de

~

welcher offenbar von der Grüßenordnung an/ S ist~ wo S eine den
Lineardimensionen der Wolke vergleichbare Grüße bedeutet. Ist
dieses Glied klein gegenüber der Einheit, so sind die höheren Glieder der Entwicklung (13), welche abwechselnd ein positives und
negatives Zeichen haben werden, zu vernachlässigen~ und nur in
diesem Falle ist die St ok e s'sche Formel angenähert ri<~btig.
Dabei ist zu bemerken, daß diese Korrektion~ welche eine VermindBrung des Widerstandes (also bei gleicher Schwere eine V ergrößerung der .Fallgeschwindigkeit) hedeutet, nicht nur von der
Größe und den mittleren Abständen der Tröpfchen, sondern auch
von der Lage derselben innerhalb der Wolke abhängt~ und für solche, welche in der Mitte liegen, offenbar mehr ausmaeht; als für
die- an der Außenfläche befindlichen Tröpfchen.
Nennen wir die pro Volumeinheit der \tVolke entfallende Anzahl
der Tröpfchen v, so kann man die Bedingung der angenäherten Gültigkeit des St ok e s'schen Gesetzes auch so ausdrücken. daß av 8 2
1
sei. Also hängt im Gegensatz zur üblichen Meinung die Gültigkeit
jenes Gesetzes offenbar auch von Gestalt und Größe der Nebelwolke ab.
Werden die linearen Dimensionen der Wolke größer als

<<

1

S>v-'
av
so wird dü_\ Reihenentwicklung (13) divergent. Dies würde allerdings von vornherein nur beweisen, daß die oben dargelegte Berechnungsmethode für diesen Fall ihre An wend barkeit verliert und
daß man über denselben nichts Bestimmtes ausstigen kann.

Über die Wechseln,irkung von Kugeln

87

Es kann aber leicht in anderer \Veise gezeigt werden, welche
Bedeutung jene Bedingung für das g-anze Problem besitzt. Denken
wir uns nämlich eine kugelfürmige Nebelwolke vom Radius S, weleh13 n Nebeltrüpfchen vom Radius a enthält. Das Stokes'sche Gesetz bestimmt dann die relative Fallgeschwindigkeit eines jeden
Tröpfchens in bezug auf die unmittelbar umgebende Gasmasse zu
2

aga2

9µ,
aber ebenso ergibt sich auch für die Nebelkugel als Ganzes eme
Geschwindigkeit von

somit kann das St ok: e s'sche Gesetz nicht mehr annähernd richtig
8ein, wenn

na
----->
s· 1
ist, was mit der vorhin abgeleiteten Bedingung zusammenfällt.
Hieraus wird die physikalische Bedeutung derselben klar. Nur
wenn eine genügend kleine Anzahl kleiner Teilchen eine große
(aber dünne) Wolke bildet, ist jenes Gesetz gültig, sonst entstehen
Strömungen des die Teilchen enthaltenden Mediums, welche die relative E,allgesch windigkeit derselben ganz überdecken. Man bemerke
noch, daß jene Bedingung eine recht weitgehende Einschränkung
bedeutet; so kann offenbar bei einigermaßen undurchsichtigen Nebelwolken von der Gültigkeit de~ St ok e s'schen Ge~etzes keine
Rede n1ehr sein. Denn die Verminderung der Durchsichtigkeit bedeutet, daß die gesamte Querschnittsumme na 2n von gleicher Größenordnung ist wie der Querschnitt der Wolke S 2 , während obige
Bedingung erfordern würde: a 2n aS.
Allerdings beziehen sich alle diese Überlegungen nur auf Wolken, welche in1 freien Gasraume schweben, nicht auf solche, welche
in Gefäßen mit starren Wänden eingeschlossen sind. Durch Kombination der hier dargelegten Methode mit jener von H. A. L or e n t z (siehe voranstehende Arbeit von J. Stock) könnte man den
Einfluß starrer Wände auf eine Nebelwolke theoretisch verfolgen;
doch sieht man auch ohne weitere Rechnung ein, daß derselbe die

<

38

NI. Smolucho\vski:

Gültigkeit des St ok e s'schen Gesetzes begünstigen wird 1)„ da er
der Ausbildung von Konvektionsströmungen entgegenwirkt.
Daraus erklärt sieb auch„ daß z. B. Per r in in seinen Untersnchungen über Emulsionen jenes Gesetz genau bestätigt gefunden
hat, da er eben das Fallen der Emulsionsteilchen in Kapillarröhren
beobachtete. Er bemerkt ausdrücklich (Ann. Chim. Phys. 18 (1909)
S. 46), daß in weiteren Röhren Konvektionsströmungen aufzutreten
pflegen. welche die Erscheinungen modifizieren. Solche in geschlossenen Gefäßen auftretende~ mitunter ziemlich gewaltsame Wirbelströmungen, welche an gewissen Stellen die Fallbewegung der Teilchen begünstigen~ an anderen derselben entgegenwirken, kann man
leicht beim Schlämmen von Pnl vern beoLachten.
Hiebei möehte ich auch auf eine gelegentlich gemachte Beobachtung hinweisen, daß sich ein aus kleineren und größeren Kugelteilchen bestehendes Pulver (Zinkstaub) mittels Schlämmen in
seine Bestandteile nur dann zerlegen läßt, falls die Menge der suspendierten Substanz unter einer gewissen Grenze bleibt. Ist die
1Vlenge des suspendierten Stoffes zu groß, so fällt derselbe als ein·
heitliche Masse heraus, indem die größeren Teilehen die kleineren
fast vollständig mitreißen. Es scheint dies mit den hier behandelten
Erscheinungen zusammenzuhängen, denn man ersieht schon aus
Formel ( 11) und ( 12), daß eine kleine Kugel von einer großen viel
mehr beeinflußt wird als umgekehrt; und dieser Umstand dürfte bei
Überschreitung gewisser Dichtigkeitsgrenzen umsomehr hervortreten.
In großem Maßstabe treten Bewegungen quasi-suspendierter Teilchen auch bei der Elektrolyse auf, doch haben wir es in diesem
Fall immer mit zwei gleichzeitig in entgegengesetzten Riehtungen
vor sich gehenden vVanderungsprozessen zu tun, deren Einfluß sich
gerade kompensieren muß, ohne konvektive Strömungen zu veranlassen. Dagegen können solche wohl in den Fällen einseitiger Ionenwanderung in Gasen auftreten. und es ist hier bei Anwendung der
St ok e s'schen Formel Vorsicht geboten.
Auch drängt sich die Frage auf ob sich die Abweichungen von
jener Formel nicht bei den Besti1nmungen der elementaren Ionenladung nach der J. J. Thomson'schen und Wilson'schen Nebelmethode geltend machen.
J

/

In der Nähe der Wand kommt allerdings auch ein unmittelbarer hemmender Einfluß von der Größenordnung a/d, wo d die Distanz von derselben bedeutet,
zur Geltung.
1)

Ober die Wechsehvirkung von Kugeln

39

Es ist schwer, sich hierüber ein Urteil zu bilden, denn einerseits ist daselbst die hier abgeleitete Bedingung sicherlich weit
überschritten, andererseits spielt sich aber der ganze Vorgang in
einem geschlossenen Gefäß, zwischen den Kondensatorplatten ab.
Vermutlich werden hier schwer kontrollierbare Neben umstände
{Ungleichförmigkeit der Ionisierung, Verhältnis des vom Nebel eingenommenen Raumes zum ganzen Gasraum) als Fehlerquellen von
großer Bedeutung auftreten. Auch ist vorauszusehen, daß selbst bei
A.usscbluß größerer Konvektionsströmungen Gruppen von zufälligerweise dichterer oder dünnerer Konstellation eine größere oder geringere Fallgeschwindigkeit annehmen müssen, daß sich somit die
Nebelmasse mit der Zeit in vertikaler Richtung ausbreiten werde
und daß deren obere Grenzfläche eine geringere als die mittlere
Fallgeschwindigkeit besitzen müsse.
Cu n n in g h am 1) hat eine Formel zur Abschätzung des Unterschiedes der Geschwindigkeit einer Wolke und eine~ einzelnen Teilchens abgeleitet, doch es scheint mir, daß jene Formel über die
Anwendbarkeit des St ok e s'schen Gesetzes in der Praxis keinen
Aufschluß gibt. Denn bei der Ableitung derselben wird stillschweigend vorausgesetzt, daß jedes Teilchen nur unter der Einwirkung
der unmittelbar benachbarten steht und daß sämtliche Teilchen genau denselben (nur von deren Dimensionen und Abständen, aber
weder von deren Lage noch von der Größe und Gestalt der Wolke
abhängigen) Bewegungszustand besitzen.
Im Falle frei schwebender Wolken haben wir die Unrichtigkeit
dieser Annahmen nachgewiesen, und für "eingeschlossene" Nebel ist
eben vor allem die Frage zu entscheiden, inwiefern dieselben erfüllt sind.
Nach alledem scheint mir ein gewisses Mißtrauen gegen die Anwendung der St ok e s'schen Formel auf derartige „dichte" Nebel,
auch wenn sie in Gefäßen eingeschlossen sind, sehr geboten und
dürften heute die an einzelnen. getrennten Kügelchen vorgenommenen Fallversuche 2 ) und die hieraus abgeleiteten Werte der Ionenladung gewiß weitaus vorzuziehen sein.

Cunningham, Proc. Roy. ~oc. 83 tA) 8. 357 (1910).
) Zeleny, Phys. Zeitschr. 11 S. 78 (1910); ~Iillika.n, Phys. Zeitschr. 11
1097 (1910).
1)

2

s.






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